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Türkei geht nach Skandalspiel in die Offensive
Fr 18 Nov, 15:37 Uhr
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(sid) Die Vorkommnisse nach dem Qualifikationsspiel zur WM 2006 am vergangenen Mittwoch zwischen der Türkei und der Schweiz sind noch nicht aufgearbeitet, werden aber schon jetzt zum Politikum. Die Türkei hat FIFA-Präsident Joseph S. Blatter Befangenheit vorgeworfen. Innenminister Mehmet Ali Sahin, Nationaltrainer Fatih Terim sowie zahlreiche Zeitungen haben den Boss des Weltverbandes nach dessen Äußerungen scharf kritisiert.
"Blatter hat wie ein Schweizer Fan gesprochen und nicht wie ein Präsident. Mit seinen Äußerungen beeinflusst er diejenigen, die über mögliche Sanktionen zu entscheiden haben. Ich bin sehr enttäuscht, dass er so vorgeprescht ist, bevor die Spielberichte vorliegen", erklärte Sahin. Terim sprach von einer "Vorverurteilung" des türkischen Fußballs durch Blatter.
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Türkische Medien nennen Blatter "Hooligan-Chef"
Auch die türkischen Medien gingen mit Blatter hart ins Gericht. "Er ist verrückt geworden. Fifa´s Schweizer Präsident Blatter versprüht Hass", schrieb die Sportzeitung "Fotomac" und zeigte auf ihrem Titelblatt eine Fotomontage, bei der der Kopf des FIFA-Bosses mit einem Flaschenöffner eines Schweizer Taschenmessers durchbohrt wird. Von der Tageszeitung "Vatan" wurde Blatter als "Hooligan-Chef" bezeichnet: "Blatter beschuldigt die Türkei wie ein fanatischer Fan."
Ganz anders bewertete Christoph Daum die Vorfälle. "Wir können jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Die FIFA muss ein ganz klares Zeichen setzen: Liebe Türken, so geht es in Zukunft nicht weiter!´, äußerte sich der Meistertrainer von Fenerbahce Istanbul zu den Jagdszenen.
Daum: "Da ist einiges nicht in die richtige Richtung gelaufen"
Daum nahm die Türken in die Pflicht. "Da sind Spieler teilweise mit Schaum vor dem Mund in das Spiel geschickt worden. Da ist sicherlich im Vorfeld, im Verantwortungsbewusstsein, einiges nicht in die richtige Richtung gelaufen", meinte der 52-Jährige, der am Mittwoch mit Fenerbahce in der Champions League ebenfalls im Sükrü-Saracoglu-Stadion den AC Mailand empfängt.
Blatter ("Das Fairplay ist mit Füßen getreten worden") hatte am Donnerstag in einer einberufenen Pressekonferenz eine umfassende Untersuchung der Vorfälle durch die Disziplinar-Kommission des Weltverbandes angekündigt und drastische Strafen gegen den türkischen Verband nicht ausgeschlossen. Im schlimmsten Fall droht dem WM-Dritten von 2002 ein Auschluss aus der Qualifikation zur WM 2010 in Südafrika. Aber auch mehrere Pflichtspiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit sowie hohe Geld- und persönliche Strafen stehen zur Debatte.
Huggel rechnet mit persönlicher Strafe
Nach dem Schlusspfiff des Spiels im Sükrü-Saracoglu-Stadion, wo sich die Schweiz trotz der 2:4-Niederlage für die WM in Deutschland qualifiziert hatte, waren die Gäste in den Katakomben tätlich angegriffen worden. Ersatzspieler Stephane Grichting musste sogar nach einen Tritt in den Unterleib die Nacht zur Untersuchung im Krankenhaus verbringen. Torwarttrainer Erich Burgener wurde von Wurfgegenständen getroffen und trug ein blaues Auge davon. Auch Benjamin Huggel vom Bundesligisten Eintracht Frankfurt und Johann Vogel zogen sich Blessuren zu.
Allerdings droht auch Huggel eine Strafe, weil er dem türkischen Co-Trainer Mehmet Özdelek beim Gang in die Kabine in die Beine getreten hatte. "Ich rechne mit einer Sperre", sagte Huggel der Bild-Zeitung, forderte aber zugleich Verständnis für seinen Aussetzer: "Ich hatte panische Angst. Ich bin nur froh, da lebend rausgekommen zu sein."
Habe erst im Nachhinein mitbekommen, was da abgegangen ist...