Tagebuch von Johannes

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19.10.06

Die Haut wird dünn. Nicht nur mein Panzer.

Ich reagiere übermäßig stark auf einzelne Worte, Blicke, Gesichtsausdrücke. Wie ein übersensibler Seismograph. Die Zeiger schlagen wild in alle Richtungen aus und signalisieren Erdbeben, wo lediglich eine Haselnuß zu Boden gefallen ist. Mich dann selbst zu überzeugen, daß es nichts weiter war als jene Haselnuß, kostet mich und die, die mich zu erdulden haben, Tage.

Einen Menschen, der sich so wenig gefallen läßt wir ich im Moment, hätte ich früher gemieden. Kein leichter Umgang. Falls das mein Naturell ist, das unter den Fettbergern geschlummert hat, wünsche ich uns allen schon mal viel Vergnügen. Wird eine lustige Zukunft.
 
Oh, dieses Phänomen kenne ich auch zur Genüge. Bei mir ist aber mein Blutzucker der Auslöser, wenn der in den Keller geht, dann bin ich unausstehlich. Da kann ich aber nichts machen und in dem Moment will ich auch nichts machen. Kritisch wird es erst, wenn ich mich dann auch noch weigere den notwendigen Traubenzucker zu nehmen. Dann stürzt schon mal die Hölle ein.
 
Ja, und dann wirds auch gefährlich. Hab ich zum Glück keine Last mit. Habs ein paarmal kontrolliert, wenns mit mir durchgeht: 80, 82, 85 - kein Unterzucker.

Wenn ich allerdings zu lange gar nix esse, werd ich "fickerig", dann ist er bei mir auch unten. Das vermeide ich tunlichst.
 
20.10.06

In der Vergangenheit hatte ich meine natürliche Grenze. Mein Fett. Es hielt die Welt auf Distanz. Es hielt mich auf Distanz.

Nu isset weg. Mit der Figur, die ich jetzt besitze, läuft hier in der Gegend jeder Zweite rum. Aber wer sorgt dafür, daß die Abstände nicht zu dicht werden?

Mein Puffer ist weg, mein schönes Niemandsland, das ich zwischen mich und die Bösen da draußen stellen konnte. Ich nehme körperlich nicht mehr so viel Raum ein wie früher, aber mein Bedürfnis, mich auszudehnen, meinen Platz zu behaupten und zu erweitern, ist schon fast der Freßsucht vergleichbar.

Ich schaffe andere Grenzen. Und bin nicht einmal traurig darüber. Ein weicher Mehlsack paßt sich jeder Oberfläche an. Jetzt muß meine Umwelt die genaue Paßform zu mir finden, oder sie ist ganz einfach unpassend.
 
.......jetzt muss ich mich auch mal bei dir melden *lach*
hey, ich bin überwältigt von dem was du schreibst ECHT! Du hast völlig recht - als dicker passt man sich an, als "normalo" muss man sich behaupten und lässt sich nicht mehr alles gefallen.
wir können uns die hand reichen - ich bin auch ein sehr unbequemer mensch ....ich posaune laut meine meinung heraus, selbst dann, wenn es angebracht wäre, die klappe zu halten. ich kann nicht anders, es muss raus. allerdings war das auch schon als dicke so ....ich habe mein fett nie als schutzschild empfunden, eher als eine art "deko" die mich von den anderen abhebt. dennoch war und bin ich beliebt, eben wegen meiner offenheit, ehrlichkeit und direktheit. denn manches was ich von mir gebe, mag im ersten moment ein schlag ins gesicht sein, beim zweiten hingucken denken die meisten "boah voll ins schwarze getroffen" und nehmens an.
ich würde es an deiner stelle zwar nicht ganz so strikt sehen, dass sich deine umwelt dir anpassen muss ......gewisse abstriche muss man auch selbst machen. ein paar ecken und kanten darf man ruhig haben, aber wenn man die umwelt von sich weist, weil sie sich einem nicht anpasst, ist man irgendwann ziemlich alleine und entwickelt so ein über EGO, dass es auch der umwelt schwer macht, an einen ranzukommen.
Setz dich mit deinem neuen "ich" auseinander und gestalte es für dich neu, so wie du immer schon gern sein wolltest ....jetzt hast du die chance dazu *daumendrück*
achso und nimm mir mein geschwafel nicht übel, ich bin derzeit therapiegeschädigt *lach* allerdings lernt man dort extrem viel über sich selbst und seine umwelt ;-))))
 
hey, ich bin überwältigt von dem was du schreibst ECHT! Du hast völlig recht - als dicker passt man sich an, als "normalo" muss man sich behaupten und lässt sich nicht mehr alles gefallen.

Dem würde ich nicht so pauschal zustimmen und bei dir stimmts ja auch nicht. :)
Viele wollen schlank sein um nicht mehr aufzufallen, um sich nicht mehr behaupten zu müssen. Vieles was für normalos selbstverständlich ist, müssen sich gerade Dicke erst erkämpfen. Aber das kommt eben immer auf die Person an.

Liebe Grüße
Perdita
 
oh @ perdita ....das ist mir neu, dass jemand abnehmen will, um nicht mehr aufzufallen - so gesehen hast du natürlich recht. so hatte ich das bisher noch nicht betrachtet.
ich meine, die meisten wollen abnehmen, um sich selbst besser zu gefallen, um anderen besser zu gefallen oder einfach nur, um gesünder zu leben. dann kommt da noch die frage der kleidung hinzu.....wo man doch "von der stange" mal dieses oder jenes schnäppchen greifen kann, was bei ner großen größe doch eher ein vermögen verschlingt.
ich jedenfalls kenne in meinem umfeld fast ausschließlich dicke duckmäuser, die lieber die klappe halten, um nicht aufzufallen ....ála dem motto "was mischt sich jetzt der/die dicke ein - soll essen und die klappe halten" .......
insofern denke ich schon, dass wenn man gewichtstechnisch in der grauen gesamtmasse verschwindet, muss man sich behaupten, um sich eben aus dieser grauen einheitsmasse abzuheben (wie auch immer, ob nun durch autorität, außergewöhnliche leistungen oder auffallende klamotten) - denn wer will schon eine/r von vielen sein *lach*
im grunde kriegen wir alle von den medien vorgekaukelt, wie wir gefälligst zu sein haben .........................oh wie sehne ich die zeit herbei, wo dick wieder schick ist, vielleicht überwind ich da ja meine krankheit und strebe ganz fix das idealbild mit vollen hüften und breitem hintern an *lach*
 
Also mir wäre auch lieber, wenn ich schlanker wäre und dadurch nicht mehr
so auffallen würde. So negativ.
An meiner Persönlichkeit würde sich natürlich nichts ändern, aber ich habe
eigentlich auch das Gefühl, dass ich mich durch mein massives Übergewicht
mehr behaupten muss als andere. Und ich bin der Meinung, dass ich eine
andere Wirkung auf fremde Leute habe, wenn ich dick oder schlank bin.
Dick muss ich mich erst beweisen, trete ich als schlanke Frau auf, sind die
Leute unvoreingenommener. Frei nach dem Motto "Kleider machen Leute".
 
Also diese Probleme mit dem sich vor Anderen beweisen zu müssen hatte ich nie. Höchstwahrscheinlich bin ich zu selbstbewußt. Ich weiß wer ich bin und ich weiß was ich kann. Nie hatte ich das Gefühl durch mein höheres Gewicht irgendwo diskreminiert oder gar gemieden zu werden. Und so richtig fett bin ich ja auch erst durch die Wahnsinnsmenge an Insulin geworden.
 
Hi Ihr,

schön, daß wir so ins plaudern kommen. Und keine Sorge, ruhig zulabern. Sonst lernt ja keiner was, wenn alle schweigen.

Gibt sicher viele Ansichten zu diesen Gedanken. Vor allem sind sie vermutlich selten bei zwei Personen völlig gleich.

Grüße!
 
21.10.06

Der Hunger hat aufgehört. Zwei Tage lang hat er mir unablässig aufgelauert, stündlich habe ich ihm mitunter die Vollkornbrote und die Bioteilchen vor die Füße geworfen. Jetzt ist er still. Scheint sich glücklich zur Ruhe begeben zu haben. Schaden richtet er ohnehin nicht mehr an. Um mehr als das, was jetzt im Bauch zur Verdauung herumliegt, steigt die Waage bei der Vollwertkost nicht an.

Eine Extraportion pralles Leben hat er herausgefordert und bekommen. Als ob er mir etwas ganz anderes als die Bioteilchen hätte zeigen wollen.

Das Leben steckt im Detail. In den Kleinigkeiten, die so riesig werden, wenn ich nur nah genug heran gehe. Dem Weitsichtigen bleibt eben jener Mikrokosmos so oft verborgen, und wendet er sich ihm zu, kommt immer jemand, der ihn daran erinnert, daß die Feinheiten nicht seine Sache sind.

Irgendwann wird der Zentner Gewichtsabnahme erreicht sein, das große Ziel kein Ziel mehr sein. Aus Abnehmen wird Halten, aus Voranschreiten das Sichnichtwiederzurückdrängenlassen. Ein Sieg schwächt den Sieger.

Wenn der große Traum erfüllt ist, muß ein neuer her. Zeit, sich jetzt schon mit diesem Gedanken zu beschäftigen. Bevor die Leere Einzug hält.
 
Wenn der große Traum erfüllt ist, muß ein neuer her. Zeit, sich jetzt schon mit diesem Gedanken zu beschäftigen. Bevor die Leere Einzug hält.

Vor dem Einzug der Leere habe ich bei dir keine Angst. Aber es ist immer gut ein Ziel vor Augen zu haben.

schön, daß wir so ins plaudern kommen. Und keine Sorge, ruhig zulabern. Sonst lernt ja keiner was, wenn alle schweigen.

Gibt sicher viele Ansichten zu diesen Gedanken. Vor allem sind sie vermutlich selten bei zwei Personen völlig gleich.

Ich mag mir nicht vorstellen wie es wäre wenn....
dann gäbe es ja auch keinen Gedankenaustausch mehr.
schaf.gif
 
Ja, du hast sicher recht. Es wird in meinem Leben immer Ziele geben.

Aber dieses eine, das der guten Figur, verfolgt mich nun seit weit mehr als zwanzig Jahren. Wenn mich einer gefragt hätte, was ich mir wünsche, hätte ich sicher keinen noch so großen Geldbetrag genannt. Ich hätte gesagt, daß ich ein normales Gewicht haben möchte.

Die Schwierigkeit stelle ich mir eher darin vor, über die Verfolgung eines anderen Zieles den Erhalt des Erreichten beim Gewicht nicht aus den Augen zu verlieren. Ich denke, ich werde meine Homepage aus diesem Grund "Ende offen" weiterführen, denn wenn das Schleifenlassen mal anfängt, ist es schwer zu bremsen.

Liebe Grüße!
 
"Es gibt keine Lösungen im Leben. Es gibt Kräfte in Bewegung; die muß man schaffen, die Lösungen folgen nach."

Ich habe immer nach Lösungen gesucht. Für mich. Für andere. Meine Erfahrungen, meine "Weitsichtigkeit" in die Waagschale geworfen. Doch wieviel sind die Erfahrungen wert, wie weit sehe ich wirklich? In welchem Maße habe ich sie überschätzt?

Ich kann und will nicht mehr tun, als die "Kräfte" in Bewegung zu setzen, in Bewegung zu erhalten. Ihnen zu folgen, ihnen zu lauschen. Ihnen zu vertrauen.

Auf jede Nacht folgt der Tag. Je dunkler sie mir erschien, desto heller leuchtet der Morgen. So hell wie heute erschien er mir noch nie.
 
Jau, allerdings. Moin Christel!

Der heutige wird bestimmt ähnlich, fühl mich im Kopf topfit.

Dir auch einen schönen Einstieg in die Woche!

Grüße von Johannes
 
23.10.06

Es gilt Vorsicht walten zu lassen. Das Abnehmen nicht zu weit entfernt von anderen Zielen des eigenen Lebens anzusiedeln. Dieser Gedanke ist zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage mein Tagebuchthema.

Was, wenn wir uns die Schlankheit nur über Jahre mühsam aneignen wie Jean-Baptiste Grenouille seinen Mädchenduftextrakt und feststellen, daß wir nichts weiter in die Waagschale der Liebe zu werfen haben als dieses uns nicht eigene Fluidum? Daß wir unsere Schlankheit nur aufsetzen wie eine Maske, welche Begeisterung hervorruft und Anerkennung erzwingt. Deren Träger ohne seine Verkleidung so unscheinbar und ungeliebt bleibt wie eh und je. Der sein Leben gibt für ein Ichliebedich.

Mindestens ein zweites starkes Ziel, das rein gar nichts mit der Figur zu tun hat, brauche ich in meinem Alltag. Das mich auffängt an Tagen, an denen das Abnehmen stottert, das mir Mut gibt, wenn die Waage mich entmutigt. Mit dem ich mich ablenken und trösten kann. Dessen Früchte ein Teil meines eigenen Duftes werden.
 
24.10.06

Es gibt sie immer noch. Die Leute, die unbeirrbar die Meinung hochhalten, der menschliche Körper funktioniere wie ein Verbrennungsmotor. Viel rein und wenig raus - dann wirst du fett; soviel verbrennen wie zuführen, dann hälst du dein Gewicht; mehr verbrennen als essen, dann nimmst du ab. So und nicht anders. Alles andere ist "Quatsch".

Nicht nur die Buchläden quellen über von Büchern, die diese These längst mehr als in Frage gestellt haben, überall treffen wir auf Menschen, die allein über die Veränderung der Zusammensetzung ihrer Nahrung ohne Rücksicht auf Kalorien ihr Gewicht immens verringert haben.

Und noch häufiger begegnen uns die armen Schweine, die sich mit ihren Kalorien rumschlagen und kein Gramm verlieren, bis sie aufgeben und hemmungslos fressen.

Eine gemischte Gesellschaft zwischen Übergewicht und Magersucht. Zu gleichen Teilen gefördert von der Modeindustrie und den Diätartikelherstellern. Und die alten Zöpfe kriegt man einfach nicht abgeschnitten.
 
Daß wir unsere Schlankheit nur aufsetzen wie eine Maske, welche Begeisterung hervorruft und Anerkennung erzwingt. Deren Träger ohne seine Verkleidung so unscheinbar und ungeliebt bleibt wie eh und je. Der sein Leben gibt für ein Ichliebedich.

:wow: wie wahr
 
25.10.06

Anläßlich einer erregten Diskussion mit einem Hardliner der Kalorienzähltheorie habe ich einen für mich "normalen" Tag mal in den Kalorienrechner eingegeben.

Ich habe nicht schlecht gestaunt, daß ich mit meinen Mozzis, den Nüssen, Mandeln, Sonnenblumenkernen, dem Joghurt, der Banane, den Vollkornnudeln und dem Olivenöl schon bei satten 4100 Kalorien am Tag lande. Extras nicht mitgezählt. Allein meine Salat- und Nudelsoßen aus Öl machen fast soviel aus, wie manche am Tag essen ....

Der gleiche Rechner hat meinen Grundumsatz auf unter 2000 Kalorien berechnet. Wie ihr seht, werde ich bald fett und feist sein bei meiner überkalorischen Ernährung.

Ich bitte höflich um eine schriftliche Einladung zur feierlichen Beisetzung der Kalorientheorie.
 

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