Die Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln scheinen darum zu wetteifern, wer es schafft, die meisten Vitamine, Mineralstoffe und sonstige Vitalstoffe in eine Tablette zu pressen. Während die Nutrilite Vitamin-Mineralstoff, Kautabletten von Amway mit 16 der gesunden Stoffe ausgelobt sind, stecken in einer Eunova Langzeit-Multivitamin, Kapsel nicht nur 13 Vitamine, sondern auch sechs Carotinoide, fünf Mengenelemente (Calcium, Magnesium, Phosphor, Kalium und Chlorid) sowie sieben Spurenelemente.
Vielleicht ist das nötig, um den Verbraucher bei der Stange zu halten. Denn nach einer Erhebung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Nürnberg sind die Umsätze für A-Z-Produkte in den vergangenen Jahren rückläufig gewesen. Gingen 2003/2004 noch 9,3 Millionen Packungen über den Tresen, waren es zwischen Juli 2005 und Juni 2006 nur noch 7,5 Millionen Packungen, die für einen Umsatz von 58,3 Millionen Euro sorgten.
ÖKO-TEST hat 29 Nahrungsergänzungsmittel - häufig als "A bis Z" gekennzeichnete Kombinationspräparate - in Apotheken, Drogerien, Reformhäusern und Supermärkten eingekauft und ihre Zusammensetzung überprüft.
Das Testergebnis
Wer viele Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente in eine Tablette steckt, kann auch viel falsch machen. Nur drei Produkte erreichen mit Ach und Krach ein "ausreichend", der Rest fällt mit Pauken und Trompeten durch.
Keines der 29 untersuchten Mittel weist eine ausgewogene Vitaminzusammensetzung auf, zwei Präparate enthalten darüber hinaus nicht alle 13 Vitamine. Legt man die DGE-Empfehlungen und Schätzwerte für eine angemessene Zufuhr dieser Vitamine für die Altersgruppe der 25- bis 50-Jährigen zugrunde, weichen die in einer Tagesdosis enthaltenen Mengen mehr oder weniger sowohl nach oben als auch nach unten von diesen Werten ab.
Einige Anbieter meinen es mit einzelnen Vitaminen zu gut: So überschreiten die Mengen einiger zugesetzter Vitamine beispielsweise in den Supradyn Recharge-Formula, Brausetabletten die DGE-Empfehlung um mehr als das Dreifache.
Auf der anderen Seite enthalten viele untersuchte Präparate so wenig von den Mineralstoffen Calcium, Magnesium, Kalium, Phosphor und Chlorid, dass deren Auflistung absurd wirkt. Beispiel: die Eunova Langzeit-Multivitamin, Kapseln: Calcium und Magnesium entsprechen je 3,5 Prozent der empfohlenen Tagesdosis, bei Phosphor sind es sogar nur 2,7 Prozent. In Anlehnung an die Nährwertkennzeichnungsverordnung haben wir alle Mittel um eine Stufe abgewertet, die weniger als 15 Prozent der empfohlenen Menge dieser drei Mineralstoffe in einer Tagesdosis enthalten.
Zu den Spurenelementen zählen unter anderem Eisen, Zink, Jod, Chrom, Kupfer, Mangan, Molybdän, Selen und Fluorid. Allerdings empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes, auf den Zusatz von Mangan sowie Fluorid und Kupfer zu verzichten. Zwar gilt die mit der Nahrung aufgenommene Menge dieser Spurenelemente als sicher. Bei zu hoher Zufuhr jedoch sind nachteilige Effekte möglich. So kann eine chronisch überhöhte Kupferzufuhr zu Leberschäden führen, für Mangan sind Veränderungen im Zentralnervensystem beschrieben, zu viel Fluorid kann Verfärbungen des Zahnschmelzes sowie eine mangelnde Elastizität der Knochen hervorrufen.
Selen ist in Nahrungsergänzungsmitteln unnötig - erstens fehlen Langzeiterfahrungen mit der Einnahme und zweitens ist der Versorgungsstatus der Bevölkerung nicht eindeutig geklärt. Inakzeptabel ist Selenhefe, für die laut BfR bislang keine gleichbleibende Qualität gewährleistet werden könne.
In einigen Produkten stammt ein Teil des deklarierten Vitamin-A-Gehaltes aus dem Provitamin Betacarotin. Allerdings ist dessen Zugabe in isolierter Form ernährungsphysiologisch unnötig, da leicht eine zu hohe Tagesdosis erreicht werden kann. Nicht abgewertet haben wir Betacarotin, das aus einem Pflanzenextrakt oder einer Carotinoidmischung kommt.
Auch die Deklaration lässt zu wünschen übrig: Enthalten Nahrungsergänzungsmittel das Spurenelement Molybdän, sollten sie laut BfR als ungeeignet für Kinder bis zehn Jahren gekennzeichnet sein. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass die sichere Gesamttageszufuhr überschritten wird. Einzig die Hermes Multivit Extra, Filmtabletten tragen einen entsprechenden Hinweis.
Den Abo Pharma A-Z, Brausetabletten fehlt darüber hinaus der Hinweis, dass die Produkte nicht als Ersatz für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung verwendet werden sollten.